Balmain spring 2009, credit: style.com
Givenchy spring 2009, credit: style.com
Bereits gestern erschien in diesem Zusammenhang in der TAZ ein Artikel mit dem Titel Streit um Tragbarkeit der Mode. Elisabeth Raether begibt sich darin auf die Suche nach der "zeitgemäßen Form von Weiblichkeit in Mode und Design" und findet sie nur vereinzelt, die Form, auf den Schauen in Paris und schreibt einen Text, den ich nicht verstehe und vermute, dass es daran liegt, dass ich mir die Frage nie stelle, die nach der Tragbarkeit der Mode.
Aber kommen wir zum Text von Frau Raether: In einer kurzen Einleitung, in der sie die durchschnittliche Optik Cathy Horyn's (auf dem Bild links, daneben übrigens direkt zum Verlgeich Carine Roitfeld) - der Autorin des New York Times Modeblogs on the runway - beschreibt (na die wird sich bedanken!), versucht sie, so glaube ich, eine Legitimation dafür zu schaffen, dass überhaupt ernsthaft über Tragbarkeit diskutiert werden darf. Ernsthaft im Sinne einer gewissen Reputation, nach dem Motto: Die Frau hat eine entsprechende Ausbildung, ist gebildet und hat demnach ein "Recht" dazu, die Alltagstauglichkeit gewisser Entwürfe anzuzweifeln, auch wenn, (bzw. gerade darum) sie nicht so gut wie Carine Roitfeld oder so exzentrisch wie Suzy Menkes aussieht, sondern einfach ganz normal, wie die gewöhnliche Durchschnittsfrau, die eben nicht interessiert ist an überschwenglicher Extravaganz im Kleiderschrank, sondern wissen will, wie sie sich kleiden soll.
Maison Martin Margiela spring 2009, credit: style.com
Balenciaga spring 2009, credit: style.com
Cathy Horyn wird bei Elisabeth Raether zu einer Art Sprachrohr für die Frau von der Straße, das immer mal wieder die Frage in den Äther des WWW bläst, wer große Teile von dem, was Jahr ein Jahr aus auf dem Laufstegen präsentiert wird, denn überhaupt tragen soll. Dabei ginge es gar nicht nur um Tragbarkeit, sondern auch darum, „eine Verbindung zwischen dem Zeichensystem der Mode und dem Rest der Welt herzustellen“, etwas, was viele Designer selbst nicht mehr schaften. Den Beweis dafür, dass Frau Horyn damit gar nicht so falsch liegt, sieht Frau Raether darin, dass viele Designer, die New Yorker Journalistin nicht länger zu ihren Schauen einladen (– das schlechte Gewissen der Industrie?) Cathy Horyn wird somit zu einer Art Heldin des Alltags stilisiert, die es endlich einmal wagt, das Wort zu erheben gegen den ganzen Modezirkus Tam Tam, dafür aber gestraft wird mit Ignoranz: „(...) doch es gibt auch Designer, die sie nicht mehr einladen, Dolce & Gabbana zum Beispiel. In der einflussreichen Zeitschrift Womens Wear Daily sagte ihr neulich jemand nach, sie wisse nicht einmal, wie man Lanvin ausspricht und Jodhpurhose schreibt“, so Elisabeth Raether in der TAZ.
Haider Ackermann spring 2009, credit style.com
Celine spring 2009, credit: style.com
Mit dem Bewertungsraster Cathy Horyn's walzt dann Frau Raether die in Paris gezeigten Kollektionen nieder. Christopher Decarnin für Balmain liefere keine „Idee, die darüber hinausweisen würde, wie zeitgemäße Weiblichkeit heute aussehen könnte“. Givenchy's Professionelle in Overkneestiefeln seien reine Ironie (warum sagt sie allerdings nicht...). Toll sei es aber bei Margiela, Balenciaga und Haider Ackermann gelaufen. Auch John Galliano kommt gut weg, sowie Ivana Omazic für Celine und Dries van Noten. Aber WARUM? Wieso liefern die letztgenannten in den Augen Frau Raethers „zeitgemäße Formen von Weiblichkeit“, Balmain und Givenchy aber nicht? Die Frage spitzt sich zu, wirft man einen genaueren Blick auf die angeführten Kollektionen. Oberflächlich betrachtet, würde ich, wäre ich an der Bewertung einer irgendwie gearteten allgemeingültigen Tragbarkeit interessiert eher Balmains Vorschläge als straßentauglich erachten, als die eines Martin Margiela. Frau Raether hat demnach wohl eine sehr zukünftige Vorstellung der zeitgemäßen Weiblichkeit, widerspricht sich aber plötzlich selbst, wenn sie Celines farbenfrohe Flatterkleidchen anführt, als Beispiele einer Absicht, Frauen schöner zu machen. So schließt sie ihren Text mit dem folgenden Absatz: „Van Notens Kleider schmeicheln der Trägerin, die Stoffe fallen sanft, und die Looks sind lässig, zurückhaltend, aber sehr elegant. Einen schmalen, knöchellangen Rock aus goldfarbenem Lurex kombiniert Van Noten zu einer einfachen weißen Bluse und flachen Sandalen. Es mag nach einer banalen Idee klingen, Kleider zu entwerfen, in denen Frauen sich schöner fühlen und automatisch das Kinn ein wenig anheben, wenn sie sie tragen. In Wirklichkeit ist es gar nicht so einfach.“
Dries van Noten spring 2009, credit: style.com
Die zeitgemäße Frau ist also eine schöne, eine stolze Frau!? Aha, mal was ganz neues, also! Liebe Frau Raether, ich verstehe ihren Text nicht. Liest er sich in meinen Augen doch eher als ein Versuch, Gesehenes zu kategorisieren nach dem Motto: "Die heutige Frau ist soundso und hat daher dasunddas anzuziehen", zu tragen, eben. So einfach ist es aber nicht, es ist sogar ziemlich kompliziert – das erkennen Sie schon ganz richtig, nur eben anders – und so mag ich behaupten, dass es mindestens so viele zeitgenmäße Formen von Weiblickeit gibt, wie es Designer gibt, die Mode entwerfen, für Frauen. So vermeide ich es tunlichts, bestimmten Designern ihre Designqualitäten abzusprechen, nur weil ich etwas nicht verstehe oder mir nicht vorstelllen kann, die Entwürfe zu irgendeiner Gelegenheit zu tragen. Respekt könnte man es auch nennen, dem Gedankengut und der Profession eines anderen gegenüber. So finde ich es frech, wenn Frau Raether in einem Satz behauptet, Ricardo Tisci mache bei Givenchy keinen ernstzunehmenden Vorschlag für die Frau von heute. Ich behaupte nicht, dass sie Unrecht hat, Aber WIE sieht die Fau von heute denn in ihren Augen aus und WARUM schafft Herr Tisci es nicht, diese einzukleiden? Der gesamte Text knabbert sämtliche Oberflächen an, ohne einen Gedanken auch nur ansatzweise fortzuführen. Dabei ist das Thema höchst spannend, eine Antwort auf die eingangs gestellte Frage liefert er aber nicht. 6 setzen.
Streit um Tragbarkeit der Mode
Wer soll das eigentlich anziehen? Die Suche nach einer zeitgemäßen Form von Weiblichkeit in Mode und Design ist schwierig- auch dieses Wochenende auf den großen Schauen in Frankreich. VON ELISABETH RAETHER in TAZ, 04.10.2008
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